RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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1433-0172
Zeitschrift für Immobilienrecht
ZfIR
2017
Aktuell
BGH: Barrierefreiheit in Wohnungseigentumsanlagen
Der BGH entschied, dass ein einzelner Wohnungseigentümer in dem gemeinschaftlichen Treppenhaus grundsätzlich nur dann einen Personenaufzug auf eigene Kosten einbauen darf, wenn alle übrigen Wohnungseigentümer zu der baulichen Maßnahme ihre Zustimmung erteilen. Dies gelte auch dann, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen sei, um seine Wohnung zu erreichen. Allerdings können die übrigen Wohnungseigentümer verpflichtet sein, den Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe zu dulden. Zu der Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst einen Aufzug einbauen könne, wenn die Wohnungseigentümer dies mit qualifizierter Mehrheit beschlossen haben, verhält sich die Entscheidung nicht (BGH, Urt. v. 13. 1. 2017 – V ZR 96/16). Geklagt hatte ein Wohnungseigentümer der, aufgrund seines Alters und der zeitweisen Betreuung seiner zu 100% schwerbehinderten Enkeltochter, auf eigene Kosten einen Personenaufzug einbauen lassen wollte. Sein ursprünglicher mit weiteren Eigentümern in der Eigentümerversammlung gestellte Antrag, den Einbau eines geräuscharmen und energieeffizienten Personenaufzugs in dem offenen Schacht in der Mitte des Treppenhauses auf eigene Kosten zu gestatten, fand keine Mehrheit.
Das AG wies seine Klage ab. Das LG gab ihr mit Einschränkungen statt. Im Wege der sogenannten Beschlussersetzung entschied es, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Errichtung und den Betrieb eines geräuscharmen, maschinenraumlosen Personenaufzugs in dem Treppenschacht durch den Kläger dulden müsse. Die Kosten der Errichtung und des Betriebes sowie einer etwaigen späteren Beseitigung des Aufzugs solle der Kläger tragen; er dürfe sich jedoch mit weiteren Wohnungseigentümern zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zur Errichtung und zum Betrieb des Aufzugs zusammenschließen.
Der BGH hob nun die Entscheidung des LG auf und stellte das Urteil des AG wieder her. Die Bundesrichter sahen nach einer fallbezogenen Abwägung einen Nachteil im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG als gegeben. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Interessenabwägung in der Regel ergeben werde, dass die übrigen Wohnungseigentümer die Anbringung eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe durch einen Wohnungseigentümer dulden müssen, wenn dieser oder ein Angehöriger unter einer erheblichen Gehbehinderung leidet. Anders liege es aber bei dem Einbau eines Personenaufzugs. Dieser begründe einen Nachteil im Sinne der genannten Normen. Er sei nur mit erheblichen Eingriffen in die Substanz des Gemeinschaftseigentums machbar und verenge in aller Regel den im Treppenhaus zur Verfügung stehenden Platz erheblich. Bei lebensnaher Betrachtung erfordert er schon wegen der bauordnungs- und brandschutzrechtli-ZfIR 2017, A 5chen Vorgaben einen massiven konstruktiven Eingriff in den Baukörper.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 5/2017 vom 13. 1. 2017)