ZfIR 2015, A 4

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OVG Magdeburg: Rechtspfleger – Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

Ein Rechtspfleger wurde strafrechtlich wegen gemeinschaftlicher Untreue mit einem Zwangsverwalter in Tateinheit mit Vorteilsannahme verurteilt. Nachdem er zunächst gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 DG LSA vom Dienst suspendiert und 50 % seiner Dienstbezüge gem. § 38 Abs. 2 DG LSA einbehalten wurden, wurde der Rechtspfleger wegen Begehung eines schwerwiegenden Dienstvergehens gem. § 47 Abs. 1 BeamtStG, aus dem Beamtenverhältnis entfernt (OVG Magdeburg, Urt. v. 18.11.2014 – 10 L 3/14). Der Rechtspfleger ordnete 2003 eine Zwangsverwaltung für ein Anwesen an, obwohl ihm in diesem Anwesen bereits zuvor vom Eigentümer unentgeltlich eine Dachgeschosswohnung zur Nutzung überlassen worden war. Die Wohnung nutze er auch in Folgezeit – bis mindestens Ende 2007 – ohne hierfür Miete bzw. eine sonstige Nutzungsentschädigung und Betriebskosten an den von ihm bestellten Zwangsverwalter zu bezahlen. Dem Zwangsverwalter war bekannt, dass der Rechtspfleger die Dachgeschosswohnung unentgeltlich nutzte. Der Zwangsverwalter hielt den Rechtspfleger zu keinem Zeitpunkt dazu an, ihn als Nutzer der Immobilie zu erfassen und bei ihm Miete bzw. eine Nutzungsent-ZfIR 2015, A 9schädigung und die Betriebskosten einzufordern. Der Zwangsverwalter sah von der Geltendmachung dieser Ansprüche ab, weil er sich hierfür ein Gewogensein des Rechtspflegers im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprach. Davon ging auch der Rechtspfleger aus. Zwischen Februar 2003 und November 2007 entgingen dem Zwangsverwalter bzw. der Gläubigerin bzw. diesem selbst infolge der kostenlosen Nutzung der Wohnung durch den Rechtspfleger insgesamt 8 408,84 Euro. Der Rechtspfleger habe damit sowohl seine Dienstpflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 34 Satz 3 BeamtStG) als auch zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verletzt. Verstöße gegen die Uneigennützigkeit der Dienstausübung stellten sehr schwerwiegende Pflichtverletzungen dar. Dem Verbot der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) in Bezug auf das Amt komme als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung herausragende Bedeutung zu. Ein Beamter, der hiergegen verstoße, zerstöre regelmäßig das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit. Der Rechtspfleger habe sich in einer herausgehobenen amtlichen Vertrauensposition befunden. Der durch sein Verhalten eingetretene finanzielle Schaden liege auch weit über der sog. Bagatellgrenze. Schließlich seien durchgreifende besondere Umstände, die ein Absehen von der angezeigten disziplinaren Höchstmaßnahme rechtfertigten, nicht zu erkennen. Vor allem könne aufgrund des mehrjährigen Zeitraums auch nicht von einem einmaligen Fehlverhalten oder einem persönlichkeitsfremden ,,Ausrutscher" ausgegangen werden. Auch die von dem Beklagten vorgetragenen gesundheitlichen und beruflichen Nachteile seien nicht dazu geeignet, die Dienstpflichtverletzung in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Schließlich rechtfertige auch weder die Dauer des Disziplinarverfahrens noch der Umstand, dass die hier maßgebliche Tat schon lange zurückliege, nicht dazu, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn diese Maßnahme an sich geboten sei. Eine rechtsstaatliche Verwaltung – zu der insoweit selbstverständlich auch die Tätigkeit von Grundbuchrechtspflegern zählt – ist auf die berufliche Integrität des Berufsbeamtentums zwingend angewiesen. Jeder Eindruck, ein Beamter sei für Gefälligkeiten offen oder gar käuflich, beschädigt das unverzichtbare Vertrauen in die strikte Bindung staatlichen Handelns an Gesetz und Recht. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist bei strafbarem Verhalten nach § 331 StGB im Regelfall angezeigt, wenn ein Beamter als Inhaber eines herausgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung für die Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil fordert oder annimmt.
Die Entscheidung findet sich als Leitsatz in ZfIR 2015, 165 – in diesem Heft.

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